start Zum 80. Geburtstag am 24.9.2001

von Reinhard Ring

Vita in Daten

1921 am 24.9. in Mülheim/Ruhr geboren

1940 Rhythmik-Studium in Essen und Leipzig (u. a. bei Elfriede Feudel)

1948 Beginn einer umfangreichen pädagogischen Tätigkeit, an Jugendmusikschule, Tagesbildungsstätte für geistig behinderte Kinder, Sonderschule für Lernbehinderte (Mühlheim), Volkshochschule, Fachschulen für Sozialpadagogik, Akademien und Hochschulen, Lehrerfortbildung, Berufsbegleitenden Lehrgängen zur "Qualifikation für Rhythmische Erziehung", Fortbildungskurse beim Niedersächsischen Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Referentin auf zahlreichen Kongressen im In- und Ausland.

1949 bis zu dessen Tod 1990 verheiratet mit dem Journalisten Paul A. Wichert, mit dessen Hilfe 1974 die Zeitschrift Rhythmik in der Erziehung gegründet wurde

1972 bis 1993 Dozentin an der Fachhochschule für Sozialpädagogik in Hildesheim; dort 1981 zur Professorin berufen

1968-1981 im Vorstand des Bundesverbandes Rhythmische Erziehung e.V.

1982 Gründung des Bildungswerkes Rhythmik; im Vorstand tätig, seit 1992 Ehrenvorsitzende

Zu ihrem 75. Geburtstag erschien für sie ein Sonderheft des von ihr gegründeten Bildungswerkes Rhythmik. Darin wird immer wieder auf ihr Geschick, ihre Energie, Vitalität und ihren Realitätssinn hingewiesen. Das Urteil der zahlreichen Würdigungen: beeindruckend!

Sie selbst hat die Anzahl ihrer Rhythmiklehrgänge nie gezählt, wir kommen bei den Gesamtteilnehmern auf die Einwohnerzahl einer deutschen Kleinstadt. Wenn man die stolze Anzahl sieht, und die angehängte Liste ihrer Veröffentlichungen dazunimmt, fragt man, wie hat sie das geschafft? Offenbar zeigt ihre Lebenserfahrung, dass einem nichts geschenkt wird, dass aus Situationen etwas entwickelt werden muss. Und ganz nebenbei, Hannelore Krause-Wichert verkörpert eine liebenswerte Verbindung von rheinischer Fröhlichkeit und Hannoveraner Ernsthaftigkeit.

Ihre wichtigsten Lehrerinnen Erna Conrad und Elfriede Feudel haben die Pädagogin Hannelore Krause-Wichert noch durch einen anderen Gegensatz geprägt: Die eine schien zunächst die liebevollere, die andere hat man dann im Nachhinein vielleicht doch mehr geliebt. Die eine war non-direktiver, die andere wollte Handwerk vermitteln. Über Feudel, die zweite. spricht sie mehr. Feudel hat Interessenten sogar eher vom Rhythmikstudium abgeraten. Wohl wissend, dass die Richtigen dann doch dabei bleiben. Feudel wurde immer einfacher, beschäftigte sich unabhängig von den Teilnehmergruppen mit einem bestimmten Themenkomplex, "... an dem sie uns teilhaben ließ". Die Studierenden hatten den Eindruck, sie wirkten an einem wichtigen Forschungsprojekt mit. Daran knüpft Krause-Wichert an, wenn sie mit Sozialpädagogen immer wieder neue Thematiken aufgreift. Die Sozialpädagen haben sie auch zur sprachlichen Reflexion gezwungen, zu anspruchsvollen Begründungen der Rhythmik.

Stellt sich die Frage: Was treibt einen zu einem solchen intensiven Rhythmik-Leben an, ist es die Freude am Tun und zwar an dem abwechslungsreichen Tun, Sprechen, Spielen und Lernen? Offenbar scheint es ihr gelungen, in der Rhythmik alle ihre Stärken auszuleben: Menschenliebe, Unkompliziertheit, Arbeitsdisziplin. Ihr legendäre Poesiealben-Ordnung spottet zwar modernen Archivierungstechniken. Aber - und darauf kommt es an - sie findet in den 170 Bänden schnell, was sie braucht. Streuordnung nennt man das System, das auch Altmeister Dalcroze in seinen handgeschriebenen Unterrichtsbänden pflegte.

Denke keiner, dass Professor Hannelore Krause-Wichert in der Freizeit untätig ist. Sie unternimmt zahlreiche Reisen, u.a. nach Vietnam oder Kolumbien, als Geburtstagsreise tourte sie mit dem Schiff auf der Elbe bis Prag. In dem Haus in der Nähe von Hannover fordert das weitläufige Grundstück mit Schwimmbad zu täglichem Training auf. Hier hat sie Jahrzehnte mit ihrem Mann, dem Journalisten Paul A. Wichert und der Tochter gelebt.

Bei der Durchsicht der Veröffentlichungen kommt ihr der Gedanke, schön, wenn etwas davon interessant ist, wichtiger noch sei es, dass ihr ein „Leben mit der Rhythmik" einfach viel Freude gemacht habe. „Ich denke ich bleibe Rhythmikerin bis zum letzten Atemzug". Das hat kein falsches Pathos und sie ist sich der Dimension ihrer Berufung dennoch bewusst. Bei ihr mischt sich Persönlichkeitsbewusstsein und Bescheidenheit - die letzte Formulierung hat sie selbst einmal benutzt - zur Würdigung ihrer Lehrerin Elfriede Feudel.