Flor de Maria Birtner-Gesslein

06.06.1928- 28.11.01

Zum 1. Todestag einer bemerkenswerten Pädagogin

von Rolf Grillo

Freundin, Lehrerin, Begleiterin

Ausstrahlung und Lebensweisheit

zuhörend, briefeschreibend

aufmerksam, tief traurig, ganz fröhlich

spirtituell, tänzerisch

Psychologie und die Künste

Santa Maria und die Katze

Kleidung und Blumen

ein außergewöhnliches Leben - eine außergewöhnliche Frau

(Pastor Bernd Arlt, Oberrosphe)

 

Wir lernten uns 1985 bei der Aufnahmeprüfung zum Studiengang Rhythmik an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover kennen.

Florcita heißt übersetzt kleine Blume. Wie eine bunte Blume kam sie daher, mit ungewöhnlichen Hüten auf dem Kopf und mit Ketten geschmückt. Eine auffallende Persönlichkeit mit unkonventionellen Lehrmethoden und Inhalten.

„ Wer zu den Quellen gelangen will, muß gegen den Strom schwimmen" war schon meine Überzeugung in früher Jugend, die von Krieg und Holocaust überschattet war. Mich selbst und andere besser sehen und verstehen zu lernen ist mein Lebensthema und zugleich das Hauptziel meiner Arbeit mit Menschen. (Florcita Birtner-Gesslein)

Sie konnte gut zuhören, machte die Themen der Studenten zu ihren Unterrichtsinhalten und ermöglichte somit ein spannendes und lebendiges Lernen. Ein Lichtblick der Menschlichkeit im Dickicht der Hochschule - eine vitale Frau voller Kreativität und Liebe zum Leben. Sie war Meisterin im geben von Feedback. Es gelang ihr immer wieder, die besonderen Fähigkeiten ihrer Studenten zu entdecken, sie auf ihrem persönlichen Weg zu bestärken und zu unterstützen. Die Fächer Psychologie, Pädagogik und Improvisation unterrichtete sie mit Leidenschaft und Hingabe.

Sie hatte ein bemerkenswertes Gedächtnis, saß gern in ihrem verwunschenem Garten und vertiefte sich in ihre Bücher. In den letzten Jahren beschäftigte sie sich besonders mit der Arbeit von Heinrich Jacoby und Elsa Gindler. Sie liebte gutes Essen, Fotografie, Reisen, Gedichte und ihre Katzen.

Für viele Menschen war sie eine liebevolle Wegbegleiterin, die andere in ihrem ganzen Wesen ernst nahm und akzeptierte. Sie pflegte, langjährige, generationsübergreifende Freundschaften und ich freue mich das ich dazu gehörte.

Zum Abschluß unseres letzten Kurses schenkte sie ihren StudentInnen eine kleine Sammlung von Lebensweisheiten, hier eine davon:

Wer sich an andre hält, dem wankt die Welt, wer auf sich selber ruht, steht gut. (Paul Heyse)

 

Stationen ihres Lebens

Geboren wurde Flor de Maria Birtner-Gesslein 1928 in Heidelberg, als Tochter des Musikwissenschaftlers Dr. Herbert Birtner und seiner Frau Dolores. Sie studierte ab 1950 Musik in Hamburg (Hauptfach Klavier), anschließend arbeitete sie als Musikpädagogin in freier Praxis und studierte gleichzeitig Psychologie in Marburg.1962 absolvierte sie das Lehrerstudium für Grund- und Hauptschule und arbeitete danach als Grundschullehrerin in Berlin. Ab 1970 studierte sie Rhythmik im „Rhythmikon" bei Prof. Amelie Höllering.19 73 Heiratete sie den Psychoanalytiker Leo Gesslein, der 1989 verstarb.

Von 1974 - 1988 war sie Professorin für Rhythmik an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover, mit dem Schwerpunkt pädagogische Psychologie. Sie erkannte immer klarer die Bedeutung der Tiefenpsychologie und machte sie zum Zentrum ihres wissenschaftlichen Arbeitens. Im Laufe der Jahre erwarb sie Qualifikationen in folgenden Bereichen: TZI -Diplom (Themenzentrierte Interaktion) – Gestalttherapie – KIB (Konzentratives, Integratives Bewegungsübungsverfahren) – Biodynamische Psychologie bei Gerda Boyesen.

Seit 1997 leitete sie gemeinsam mit mir Fortbildungsprojekte für Menschen in pädagogischen und sozialen Berufen. 1999 war sie Mitbegründerin des Instituts Rhythmik & Percussion in Freiburg.

Florcita starb am 28.November 2001 in ihrem Haus in Unterrosphe an Herzversagen.

 

21. November 2002 ROLF GRILLO